Weltflüchtlingstag: Ministerpräsidentenkonferenz diskutiert effektivere Abschiebung


Die jüngsten Beschlüsse in Berlin und Brüssel über das Auslagern von Asylverfahren aus der EU zielen darauf ab, Menschen, die auf eine bessere Zukunft in Europa hoffen, zurück in Krieg, Gewalt, Armut und selbst in den Tod zu stoßen.

Flüchtlinge 2018 im Mittelmeer während einer Rettungsaktion von Sea-Watch [Photo by Tim Lüddemann / flickr / CC BY-NC-SA 2.0]

Als die Crew der „Nadir“ in der Nacht auf Montag (17. Juni) einen Hilferuf erhielt, ahnte sie nicht, welch grausiges Bild sich ihr vor Ort bieten würde. In dieser Nacht konnten die Seenotretter 51 halbverdurstete, erschöpfte Menschen von einem überladenen Holzboot retten, das südlich von Lampedusa im Mittelmeer trieb. Aber im Unterdeck entdeckten sie zehn Leichen junger Männer. Diese waren, von giftigen Benzindämpfen betäubt, im vollgelaufenen Schiffsrumpf ertrunken. Zwei Bewusstlose, stark unterkühlt und dehydriert, konnten stabilisiert und gemeinsam mit den anderen Überlebenden gerettet werden.

Die Crew gehört mit ihrem Motorsegler „Nadir“ der Rettungsorganisation RESQSHIP e.V. an. Ihr Wahlspruch lautet: „Protect the people – not the borders.“

Genau entgegengesetzte Ziele verfolgen die Regierungschefs, die sich gestern mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin zur Ministerpräsidentenkonferenz trafen. Auf der Tagesordnung stand eine Diskussion darüber, wie die Länder künftig auch nach Afghanistan und Syrien abschieben können. Außerdem ging es wesentlich darum, Asylverfahren an Regime außerhalb der EU auszulagern. Das offizielle Motto: „Eindämmung irregulärer Migration“ heißt im Klartext: „Lasst uns die Schutzsuchenden an ihre Henker ausliefern!“

Den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten lag ein Gutachten der Bundesregierung vor, das sich besonders mit dem potentiellen Auslagern der Asylverfahren nach britischem Modell (nach Ruanda) oder auch nach italienischem Modell (nach Albanien) befasst. Das Gutachten gelangt zu dem höchst fragwürdigen Schluss, dass derartig menschenverachtende Projekte zwar extrem teuer und langwierig, aber rechtlich möglich (!) seien, vorausgesetzt, die EU schaffe die entsprechenden Regeln.

„Aus den Augen, aus dem Sinn“, kommentierte dies Der Spiegel. „Es scheint nur darum zu gehen, wie Deutschland sich all der unangenehmen hilfsbedürftigen Menschen entledigen kann. Über Integration, Sprachkurse und Berufsqualifikation wird kaum noch geredet. Stattdessen wird nun darüber diskutiert, wie Deutschland mehr Abschiebungen organisieren und sich neue Asylbewerber am besten gleich ganz vom Leib halten kann. Ganz einfach soll das gehen, mit Asylverfahren weit jenseits unserer Grenzen.“

Mehr als 300 Organisationen, darunter PRO ASYL und zahlreiche Flüchtlingsverbände und Seenotretter, Ärzte ohne Grenzen, Paritätischer Gesamtverband, Brot für die Welt, VVN, Amnesty sowie auch gewerkschaftliche und kirchliche Verbände, protestierten mit einem Offenen Brief gegen das Treffen in Berlin.

Wie es darin heißt, würde ein derartig pauschales Abschieben von Geflüchteten „absehbar zu schweren Menschenrechtsverletzungen führen“. Der Brief verweist auf „das Elend auf den griechischen Inseln als Folge der EU-Türkei-Erklärung“. Der menschenverachtende Umgang der griechischen Regierung und Küstenwache mit den Flüchtlingen ist gut dokumentiert.



Author: Admin

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