Supreme Court: Ein Geschenk für Donald Trump


Die Richter des Supreme Court hoben sich
das wohl weitreichendste Urteil des Jahres bis kurz vor ihrer Sommerpause
auf. Wer in den USA überhaupt noch Muße hat, über Politik zu diskutieren und
sich nicht längst abgewendet hat, wird über dieses Urteil debattieren, wenn
das Land am 4. Juli seine Unabhängigkeit und damit gemeinhin auch die
Verfassung der USA feiert. Denn es wird nicht nur Einfluss auf die
Strafverfahren gegen Donald Trump haben, sondern auch auf alle künftigen
Präsidentschaften.

In
der Frage, ob Trump als Präsident “absolute
präsidentielle Immunität” vor Strafverfolgung genießt, gewährt der
Oberste Gerichtshof dem Ex-Präsidenten zwar keinen Freibrief für alles. Aber eben doch für sehr vieles. Weshalb Trump das Urteil in seinem Präsidentschaftswahlkampf enorm helfen wird. 

Und wieder einmal wurde die ideologische
Linie deutlich, die sich durch die Richterbank zieht: Die sechs konservativen
Richterinnen und Richter vertreten die Mehrheitsmeinung, die drei liberalen
Richter widersprechen.  

In
Trump versus United States (hier als PDF) befinden die Richter, dass für Präsidenten zumindest für offizielle
Amtshandlungen Immunität gilt. Dann schränken sie ein: Für privates Verhalten, schreibt Chief Justice John Roberts in seiner Mehrheitsmeinung, gilt diese
Immunität nicht. 

Im Kern bedeutet es, dass auch ein Donald Trump nicht mit
allem davonkommen kann. “Der Präsident genießt keine Immunität für seine
inoffiziellen Handlungen, und nicht alles, was der Präsident tut, ist
offiziell. Der Präsident steht nicht über dem Gesetz”, heißt es in dem Urteil.  

Die
Frage aber, was eine private und eine offizielle Handlung in den Fällen war,
für die Trump vor Gericht gestellt werden soll, beantworten die Richter nicht explizit.
Sie geben den Fall zurück an die untere Instanz. 

Trump
ist in Washington, D. C., im Zusammenhang mit seiner Rolle beim Sturm auf das
US-Kapitol am 6. Januar 2021 wegen Verschwörung und versuchten Wahlbetrugs
angeklagt. Dort muss nun die zuständige Richterin Tanya S. Chutkan entscheiden,
welche Handlungen innerhalb dieser Anklagen in offizieller oder privater
Funktion erfolgten. Sowohl sie als auch ein Berufungsgericht hatten Trumps Forderung
nach “absoluter präsidentieller Immunität” abgelehnt, weshalb der Fall vor dem
Obersten Gerichtshof gelandet war. 

Dass die Richter vor Monaten überhaupt
entschieden hatten, sich des Falles anzunehmen und ihn im April anhörten, war
ein erster Rettungsanker für Trump gewesen bei seinem Versuchen, die Verfahren
gegen ihn zu verschleppen.

Mit
diesem Teilsieg kommt Trump seinem Ziel immerhin näher. Denn es scheint äußerst unwahrscheinlich, dass das Verfahren
gegen ihn in Washington, D. C., noch vor der Präsidentschaftswahl am 5.
November überhaupt beginnen wird. Auch die anderen Verfahren, die gegen Trump
noch laufen, dürften von diesem Urteil tangiert werden. In Georgia ist
Trump wegen versuchten Wahlbetrugs angeklagt. In Florida wird ihm die
mutmaßlich gesetzeswidrige Aufbewahrung von Geheimdokumenten vorgeworfen.

Auf
seiner Plattform Truth Social reagierte Trump nach dem Urteil, das ihm in der lästigen Frage der Strafverfahren so hilft, entsprechend euphorisch und gewohnt in
Versalien: “EIN GROSSER SIEG FÜR UNSERE VERFASSUNG UND UNSERE DEMOKRATIE.
STOLZ, EIN AMERIKANER ZU SEIN!” 

Das Wahlkampfteam von Biden veröffentlichte eine Stellungnahme. “Das heutige Urteil ändert nichts an den Tatsachen … Donald Trump ist durchgedreht, nachdem er die Wahl 2020 verloren hatte, und ermutigte einen Mob, die Ergebnisse einer freien und fairen Wahl zu stürzen.” 

Wie befangen sind die Richter?

Trump
hatte während seiner Präsidentschaft das Gericht personell entscheidend
geprägt. Drei der derzeitigen sechs als konservativ geltenden Richter konnte
Trump benennen. Das hat den ideologischen Schwerpunkt des Gerichts, das
eigentlich als unabhängige dritte Instanz neben Präsidentenamt und Kongress
agieren soll, weit nach rechts verschoben. 

Zuletzt gab es außerdem Debatten um
die Richter Clarence Thomas und Samuel Alito. Thomas’ Frau Virginia war
aktiv in dem Versuch involviert, den Wahlsieg von Biden 2020 zu kippen.
“Biden und die Linke versuchen den größten Raub unserer Geschichte”, schrieb Virginia Thomas etwa in einer SMS an
Mark Meadows, den
damaligen Stabschef von Trump. Vor den Häusern von Alito wurden Flaggen gesichtet, die
unter Trumps Anhängern als Symbol für den vermeintlichen Wahlbetrug gelten. Beide Richter lehnten es ab, sich aus
der Entscheidung bezüglich Trumps Immunität zurückzuziehen. 

Michael
Dorf, Juraprofessor an der Cornell University, sagte der New York Times nach einer Anhörung im April bereits, dass
“der offensichtliche Mangel an Selbsterkenntnis einiger konservativer
Richter verblüffend war”.

Wie weit seine Immunität reicht, müssen nun andere Gerichte klären. Trumps
Anwälte hatten bei der Anhörung im April argumentiert, dass alles, also auch
der Sturm aufs Kapitol, Amtshandlungen waren. Die
Staatsanwaltschaft hatte genau das Gegenteil argumentiert: dass der Versuch,
die Wahl zu beeinflussen, nicht zu offiziellen Aufgaben des Präsidenten
gehören.

Die Verfassung sagt
nichts explizit über die Immunität von Präsidenten. Es ist ein
Präzedenzfall. Was die Verfassung festlegt, ist, dass Staatsoberhäupter,
die durch ein Amtsenthebungsverfahren ihres Amtes enthoben werden,
weiterhin “haftbar sind und nach dem Gesetz angeklagt, verurteilt und
bestraft werden können”. Gegen Trump wurde zweimal ein
Amtsenthebungsverfahren angestrengt, beide scheiterten. 



Author: RoteRuhrarmee1920

Kommentar verfassen