Lüneburger Uni verzichtet wegen AfD-Teilnahme auf Festtag


Lüneburg. Der „dies academicus“ ist eigentlich ein Festtag für die Universität. Mit diesem Tag endet das akademische Jahr 2024. Es sollte, wie üblich, einen Festakt geben, bei dem auch Preise für besondere Forschungsleistungen, für studentisches Engagement sowie Ehrenpromotionen vergeben werden.

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Doch die Leuphana Uni Lüneburg hat diesen Tag nun abgesagt. Grund ist die Zusage von AfD-Politikern, am Festakt teilzunehmen. Oder, um genauer zu sein, die zu erwartenden Proteste gegen die AfD-Politiker.

Unileitung hatte Sicherheitsbedenken

„Präsidium und Dekane haben sich entschieden, den für den 3. Juli geplanten diesjährigen dies academicus (und das sich daran anschließende Sommerfest) kurzfristig abzusagen“, heißt es in einem Schreiben des Präsidenten Prof. Dr. Sascha Spoun an die Universitätsmitglieder.

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Grund für die Absage „sind auch Sicherheitsbedenken vor dem Hintergrund bereits angekündigter Demonstrationen auch durch universitätsexterne Akteure, über die uns die Sicherheitsbehörden bereits vor einigen Tagen informiert haben“, betont Spoun in dem Schreiben, das der LZ vorliegt.

In deren Folge sei zu erwarten, dass „die Veranstaltung nicht in der für eine akademische Festveranstaltung angemessenen Weise hätte stattfinden können“. Nach Recherchen der LZ lag der Stadt Lüneburg eine Anmeldung zu einer Demonstration vor oder im Zentralgebäude der Uni vor – von einem Lüneburger Studenten.

Darüber, um welche „universitätsexternen Akteure“ es sich handeln könnte, gab es keine detaillierten Angaben. Henning Zühlsdorff, Pressesprecher der Uni, antwortet auf eine entsprechende Frage: „Nach den Hinweisen der Sicherheitsbehörden war davon auszugehen, dass auch potentiell gewaltbereite politische Interessengruppen gegen die Teilnahme von der AfD zugehörigen Mandatsträgern vorgehen würden.“

Vorfälle wie in Göttingen verhindern

Die Lüneburger Polizei hatte sich auf die Tag schon vorbereitet. ” Ja, es gab eine Einsatzplanung“, bestätigt Kai Richter, Pressesprecher der Lüneburger Polizei. Über den personellen Umfang gebe die Polizei aber grundsätzlich keine Auskunft. Klar sei, dass man Verhältnisse wie in Göttingen habe verhindern wollen, betont Richter.

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In der vergangenen Woche hatten dort rund 200 lautstark protestierende Personen einen Vortrag der niedersächsischen CDU-Bundestagsabgeordnete Mareike Wulf zum Thema Selbstbestimmungsrecht verhindert. Die CDU hatte daraufhin eine Aktuelle Stunde zum Thema „Meinungsfreiheit an Hochschulen“ beantragt, da der Vorfall von Göttingen zeige, dass bestimmte Meinungen nicht erwünscht seien und darum nicht geäußert werden dürften.

Interne Diskussionen werden folgen

Doch wie geht es jetzt an der Leuphana weiter? Und warum wurden die AfD-Politiker überhaupt eingeladen? Spoun hatte im Schreiben betont: „Angesichts interner Diskussionen um die angekündigte Teilnahme von zwei AfD-Abgeordneten…scheint es geboten, dass die Universitätsgemeinschaft zunächst die Möglichkeit bekommt, die Situation zu bewerten und eine gemeinsame Position für das weitere Vorgehen zu erarbeiten.“ Dazu werde man zu einer universitätsöffentlichen Veranstaltung einladen, um diesen Meinungsaustausch zu ermöglichen.“ Die zum dies academicus geplanten Ehrungen und Auszeichnungen sollen „zu einem späteren Zeitpunkt“ nachgeholt werden.

Die Leuphana, schreibt Spoun weiter, sei ” wie alle öffentlichen Universitäten dem Niedersächsischen Landtag gegenüber verantwortlich und rechenschaftspflichtig“. Daher sei es guter Brauch, die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses des Landtages zu wichtigen Veranstaltungen der Uni einzuladen. Dies geschehe ohne Ansehen der jeweiligen Parteizugehörigkeit und sei allein durch deren Funktion begründet. Das trifft auf Jessica Schülke zu. Die AfD-Politikerin hat derzeit den Vorsitz des Wissenschaftsausschusses inne. „Insofern wurde ihr mit Blick auf diese Funktion eine Einladung übermittelt.“ Sie sei nicht als Mitglied der AfD eingeladen worden, sondern „als Funktionsträgerin im Rahmen der seit vielen Jahren üblichen und so auch erwarteten Einladung der Mitglieder des Wissenschaftsausschusses zum dies academicus“.

Keine Notwendigkeit zur Einladung

Im zweiten Fall gibt es aber noch Klärungsbedarf. Seit Jahren würden auch Mitglieder des Bundestags aller Parteien aus Niedersachsen eingeladen. Dieses Mal auch Frank Rinck von der AfD, ein Landwirt aus dem Raum Uelzen. Hier stellt Spoun klar: Anders als bei Schülke „war diese Einladung nicht durch eine Zuständigkeit oder ein mit der Wissenschaft verbundenes Amt des Eingeladenen verbunden. Insofern bestand für die Einladung keine Notwendigkeit“.

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Warum dann die Einladung? Zühlsdorff betont: „Für die Erstellung der Einladungslisten wurden routinemäßig Amts- und Funktionsträger sowie demokratisch gewählte Parlamentsmitglieder ohne Ansehen der Parteizugehörigkeit ausgewählt.“ Diese über Jahre geübte Praxis habe nun erstmalig dazu geführt, dass auch Mitglieder der AfD ihre Teilnahme zugesagt hätten. „Das hat in weiten Teilen der Universität Unmut ausgelöst und dazu geführt, dass sich die Universitätsgemeinschaft jetzt mit der Frage auseinandersetzen wird, wie künftig mit diesem Thema umgegangen werden soll.“ Nun werde eine notwendige Diskussion in Gang gesetzt, die dazu führe, „dass die Universitätsgemeinschaft in Zukunft eine gemeinsame abgestimmte Linie im Umgang mit den Funktionsträgern der AfD verfolgen kann“.

Klare Positionierung

Spoun formuliert es so: „Vor dem Hintergrund, dass die AfD vom Bundesverfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft ist, wird die Universität ihre diesbezügliche Einladungsstrategie zum dies academicus bzw. zu universitären Veranstaltungen neu bewerten.“ Die Kriterien dazu seinen ebenso klar: „Die Leuphana tritt entschieden gegen ein menschenverachtendes, diskriminierendes, exkludierendes, antisemitisches, faschistisches oder wissenschafts- und gleichstellungsfeindliches Weltbild ein.“

LZ



Author: RoteRuhrarmee1920

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