Kenia: Massenproteste gegen Präsident Ruto und Stürmung des Parlaments führen zu Blutbad in Nairobi


Millionen Menschen haben an Massenprotesten gegen ein Finanzgesetz in Kenia teilgenommen, das massive Sparmaßnahmen vorsieht. Der kenianische Präsident William Ruto hat daraufhin das Militär mobilisiert. In einer Fernsehansprache bezeichnete er die Demonstranten als „Verräter“ und „gefährliche Kriminelle“ und erklärte, er werde „jede Bedrohung als existenzielle Bedrohung für unsere Republik behandeln“.

In den frühen Morgenstunden umzingelten Demonstranten das Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Nairobi, um die Wirtschaft lahmzulegen und Ruto zu zwingen, seine Pläne zurückzunehmen. Diese sehen vor, zusätzliche Steuern in Höhe von zwei Milliarden Dollar von den Arbeitern und der armen Landbevölkerung zu erheben, so wie es vom Internationalen Währungsfonds (IWF) diktiert wurde.

Die kenianische Polizei setzt Wasserwerfer ein, um Proteste in Nairobi gegen die geplanten Steuererhöhungen auseinanderzutreiben, 25. Juni 2024 [AP Photo/Brian Inganga]

Die überwiegend jungen Demonstranten ließen sich jedoch nicht einschüchtern – weder durch die Androhung von Polizeigewalt noch von der Abschaltung des Internets und der Verhaftung von Hunderten Personen im Lauf der letzten Woche sowie der Entführung von mindestens sieben Bloggern, Aktivisten und politischen Social-Media-Influencern.

Sie waren sich vollauf bewusst, dass sie sich einem blutigen Regime widersetzen, das bei den Protesten gegen Sparmaßnahmen im letzten Jahr 75 Demonstranten erschießen ließ. Außerdem hat die vom Westen unterstützte Diktatur von Daniel Arap Moi zahllose linke Arbeiter und Studenten durch die Staatspolizei verschwinden lassen.

Nachdem die Abgeordneten das Spardiktat verabschiedet hatten, das nur noch von Ruto unterzeichnet werden muss, stürmten Demonstranten am Nachmittag das Parlament und setzten Teile davon in Brand. Außerdem zündeten sie ein Polizeifahrzeug an. Die Abgeordneten flohen durch unterirdische Tunnel oder versteckten sich in Krankenwagen.

Vor dem Parlamentsgebäude setzte die Polizei scharfe Munition, Tränengas und Schlagstöcke ein, wobei mindestens 14 Demonstranten getötet wurden. Berichten zufolge schossen Scharfschützen der Polizei von den Dächern aus auf Demonstranten.

Demonstranten tragen die Leiche eines Mannes, der bei einem Protest in Nairobi getötet wurde, 25. Juni 2024 [Photo: Andrew Kasuku/WSWS]

Im Kenyatta National Hospital, dem zentralen Krankenhaus von Nairobi, wurden mehr als 200 Menschen mit Schusswunden behandelt. Hunderte Demonstranten wurden verhaftet und möglicherweise Tausende verwundet.

Im ganzen Land kam es zu Massenprotesten. Es beteiligten sich viele Bevölkerungsgruppen, obwohl die herrschende Klasse systematisch ethnische Konflikte schürt. Die Demonstranten legten den Verkehr lahm und zwangen größere Geschäfte in Nairobi, Kisumu, Mombasa Kakamega, Nakuru und sogar Kericho den Betrieb einzustellen. In der Stadt Kericho rissen Einwohner das Schubkarrensymbol von Rutos Partei herunter. Die am häufigsten gehörten Parolen waren „[Finanzgesetz] ablehnen“ und „Ruto muss weg“.

In Rutos Heimatstadt Eldoret wurden das Bezirksgericht und Polizeiwachen in Brand gesteckt.

Im Nairobi Central Business Disctrict (CBD) blieben die meisten Geschäfte den ganzen Tag lang geschlossen. Die Polizei versuchte am Morgen, die Demonstranten mit Tränengas auseinanderzutreiben. Nachdem dies scheiterte, zogen Zehntausende durch das Business-Viertel und behinderten den ganzen Tag den Verkehr auf den Hauptverkehrsadern.

Auch in Los Angeles und Washington D.C. in den USA sowie in London kam es zu kleineren Protesten, angeführt von der kenianischen Diaspora.



Author: AFP Deutschland

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