Fußball-EM: Österreich gewinnt 3:2 gegen Oranje und wird Gruppensieger – Sport


Es lief die 35. Spielminute, Österreich führte mit 1:0, die Berliner Sonne schien Ralf Rangnick ins Gesicht und der österreichische Trainer wirkte wie ein Mann, der mit sich und der Gesamtsituation zufrieden war – anders als sein Kollege in der Coaching Zone nebenan. Dort fand sich Bondscoach Ronald Koeman in angeregten Debatten wieder, mit einem seiner Spieler und einem Co-Trainer neben sich. Koeman wirkte wie ein Mann, der mit sich und der Gesamtsituation gar nicht im Reinen war, weshalb er sich zu einem auf diesem hohen Niveau höchst ungewöhnlichen Schritt entschloss.

Koeman wechselte bereits in der 35. Minute und brachte den Leipziger Xavi Simons ins Spiel, bei dem sich die große Mehrheit der orange gekleideten Menschen im Stadion gefragt hatte, warum er nicht von Anfang an auflief. Vielleicht ahnte Ralf Rangnick in diesem Moment schon, dass sich die Gesamtsituation unter der Berliner Sonne verändern könnte, man sah es ihm allerdings nicht an: Rangnick agierte schließlich in dem Wissen, dass seine Mannschaft fähig ist, immer wieder zu antworten. Was sich noch bewahrheiten sollte, bei diesem 3:2, mit dem Österreich sich überraschend den Sieg in Gruppe D holte.

Die Statik des Spiels hatten die erste halbe Stunde lang die Österreicher bestimmt. Kurzfristig kann diese Mannschaft eine beachtliche Energie entwickeln, sie hat dann das Talent, den Ball mehr oder weniger ins Tor zu pressen, auch ohne einen Schuss abzugeben. So ergab sich etwa die statistische Anomalie, dass Österreich mit 1:0 führte, aber den sogenannten „Expected Goals“-Wert von 0,00 hatte. Den Treffer nämlich hatte der niederländische Stürmer Donyell Malen beigesteuert, mit einer Grätsche durch den Strafraum, bei der sich seinen Verteidigerkollegen die Nackenhaare aufgestellt haben müssen.

Österreichs kleiner „David“ Schmid positioniert sich geschickt zwischen den beiden niederländischen Goliaths und erzielt das 2:1

Die Österreicher kontrollierten in der Folge das Geschehen, Marcel Sabitzer per Fernschuss und der gegen die körperlich massive, niederländische Innenverteidigung beeindruckend durchsetzungsfähige Marko Arnautovic hatten Gelegenheiten auf das 2:0, einigermaßen friedlich wirkte das alles – bis Simons Anlauf nahm. Ein paar Minuten Einfindungsphase hatte er sich vor der Halbzeit gegönnt, die zweite begann er dafür hellwach: Einen Ballverlust von Florian Grillitsch am gegnerischen Strafraum bestraften die Niederländer mit einem schnellen Konter über Simons, der Cody Gakpo den Ausgleich auflegte.

Erneut hatten die Österreicher damit recht unnötigerweise einem Gegner zur Rückkehr ins Spiel verholfen, aber sie reagierten prompt: Grillitsch kam in der 59. Minute im Strafraum an den Ball und flankte auf Romano Schmid. Wie ein Himmelfahrtskommando wirkte das, besagte niederländische Innenverteidigung aus Virgil van Dijk (1,95 Meter) und Stefan de Vrij (1,89) trat gegen einen 1,68 Meter großen Flügelspieler an. „David“ Schmid positionierte sich jedoch so geschickt zwischen den beiden Goliaths, dass er recht befreit zum 2:1 einköpfen konnte.

Unwahrscheinliches Tor: Romano Schmid (links, verdeckt) besorgt per Flugkopfball das zwischenzeitliche 2:1 für Österreich. (Foto: Fabian Bimmer/Reuters)

In der Folge entwickelte sich ein munteres Auf und Ab, bei den Niederländern war es nicht nur Simons, der die Gesamtsituation nachdrücklich verbesserte, sondern auch Stürmer Wout Weghorst: Der legte nach 78 Minuten im Strafraum ab auf Memphis Depay, der das 2:2 erzielte.

Diesmal brauchten die Österreicher allerdings nicht einmal zwei Minuten: Der eingewechselte Christoph Baumgartner – Rangnicks ebenfalls in Leipzig spielende Antwort auf Simons – fand mit einem Steckpass Sabitzer, der aus spitzem Winkel zum 3:2 traf. Österreich konnte sich nun etwas zurückfallen lassen gegen die Niederländer, die anliefen, aber letztlich keine eigene Antwort mehr auf die dritte österreichische Führung fanden.

Das Achtelfinale erreichten am Dienstagabend somit beide Mannschaften – zufrieden mit dem Ergebnis und der ob des Gruppensieges wirklich optimalen Gesamtsituation allerdings wirkten am Ende nur die Österreicher.



Author: RoteRuhrarmee1920

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