Serbische „Gentlemen“ werfen mit Bechern und Fackeln
Serbien droht mit EM-Rückzug, weil dem Verband die Gesänge anderer Fangruppen zu Recht missfallen. Der eigene Anhang benehme sich hingegen gut, sagt der Generalsekretär des Verbands. Eine eher steile These, wie sich bald zeigt.
Serbien sorgt bei der Fußball-EM für Schlagzeilen. Diese sind bislang aber kaum sportlicher Natur. Dem 0:1 gegen England folgte am Donnerstag in München ein schmeichelhaftes 1:1 (0:0) gegen Slowenien, der Ausgleich fiel erst in der fünften Minute der Nachspielzeit.
Zu diesem Zeitpunkt war das Spielfeld rund um das slowenische Tor schon nur noch schwerlich bespielbar, weil die dahinterliegende frustrierte serbische Fankurve es mit geworfenen Bierbechern, Essensresten und allerlei anderen Gegenständen eingedeckt hatte. Ein Fan war zudem aufs Feld gerannt, andere schmissen mit Pyrofackeln.
Benehmen sich so Gentlemen? Diese Frage muss erlaubt sein, da Verbands-Generalsekretär Jovan Surbatovic im Vorfeld des Spiels genau diese eher steile These aufgestellt hatte. Die Serben hatten sich über Gesänge kroatischer und albanischer Fans bei der Uefa beschwert und sogar mit ihrem Rückzug vom Turnier kokettiert. „Wir verlangen Sanktionen, letztlich auch um den Preis, dass wir die Europameisterschaft nicht fortsetzen“, sagte Surbatovic.
Er bezog sich damit auf inakzeptable und völlig zu Recht anzuprangernde Gesänge aus beiden Fan-Lagern („Tötet die Serben“) in der zweiten Halbzeit beim 2:2 zwischen Kroatien und Albanien am Mittwochabend in Hamburg. Der Top-Funktionär beklagte, dass sein Verband bereits „für einzelne Fälle“ bestraft worden sei und fordert nun auch Konsequenzen für die Kroaten und Albaner.
„Wenn die Uefa sie nicht bestraft, werden wir uns überlegen, wie wir weiter vorgehen werden“, unterstrich Surbatovic und behauptete, serbische Fans seien „Gentlemen“. Dies solle bitte auch so bleiben. Dem war aber nicht so.
Kosovo ausgefüllt in den Farben des serbischen Wappens
Die vermeintlichen Gentlemen warfen in München übrigens nicht nur mit allerlei Gegenständen um sich, sie brachten wie schon im Match gegen England erneut auf den Rängen Flaggen an, auf denen die Umrisse des Kosovo zu sehen waren, ausgefüllt in den Farben des serbischen Wappens. „Es gibt kein Aufgeben“, stand darüber – bei serbischen Nationalisten folgt darauf meist der Satz: „Kosovo ist Serbien.“
Auch rund um das erste Spiel am Sonntag hatten sich einige Serben nicht gerade wie perfekte Gäste benommen. Nach der Schlägerei mit englischen Anhängern in Gelsenkirchen hat die Polizei nun mehrere mutmaßliche Tatbeteiligte ermittelt. Insgesamt habe man elf Personen Tathandlungen nachweisen können. Sechs Fans aus Serbien sowie ein englischer Anhänger seien identifiziert worden, sagte eine Polizeisprecherin am Donnerstag. Ihnen werden Körperverletzungsdelikte vorgeworfen. Englische Medien hatten zudem berichtet, dass während der Partie Affenlaute in Richtung englischer Spieler gemacht worden sein sollen.
Mittlerweile zog Surbatovic seine Rückzugsdrohung übrigens zurück. „Genau genommen nein, das war die erste Reaktion“, antwortete er nach dem Slowenien-Spiele auf die Frage, ob ein Rückzug eine echte Option sei. Er gehe aber weiter davon aus, dass die Uefa Verfahren einleiten wird. Er erwarte strenge Sanktionen, sagte er.