Der erstaunliche PR-Coup mit den deutschen Fake-Trikots
Check24 bietet kostenlose Deutschland-Trikots von Puma an. Das EM-Jersey ist nicht offiziell, die Fans müssen persönliche Daten hergeben, doch die Nachfrage sprengt alle Dimensionen. Längst wird das Gratis-Jersey für erstaunliche Preise gehandelt. Die Zahlen zum Coup.
Der neue Rekord wurde am Dienstag bekannt gegeben. DFB-Präsident Bernd Neuendorf grinste, und auch der Ausrüster frohlockte: „Das pinke Trikot ist das am besten verkaufte Auswärtstrikot in der Geschichte aller DFB-Trikots“, sagte Adidas-Sprecher Oliver Brüggen, der sich bezüglich der konkreten Absatzmenge allerdings bedeckt hielt: „Wir freuen uns über die wachsende Begeisterung für die EURO 2024 und die weiterhin hohe Nachfrage nach den DFB-Trikots. Zu Produktionszahlen äußern wir uns leider nicht.“
Wie hoch die Zahl auch sein mag. Selbst in Summe mit den Verkaufszahlen des klassischen Heimtrikots wird der Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach mit den EM-Jerseys kaum in die Sphären vorstoßen, die ein anderes Stück Stoff mittlerweile erreicht hat.
Das Vergleichsportal Check24 hatte im Vorfeld des Turniers angekündigt, ein eigenes Deutschland-Trikot auf den Markt zu bringen und mit Lukas Podolski als Werbegesicht und Puma als Partner getrommelt. Das Wichtigste: Es war kostenlos. Zumindest finanziell wurde kein Preis fällig. Dafür gaben die Fans aber persönliche Informationen Preis. Denn wer ein Trikot mit dem Aufdruck des Münchner Unternehmens bestellen wollte, musste zunächst die Check24-App herunterladen und sich dort anmelden. „Das Trikot gibt es natürlich nicht umsonst, man zahlt mit seinen Daten“, erklärte eine Juristin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen laut „Wirtschaftswoche“.
Die Aktion wird, so viel steht bereits fest, dennoch als größter PR-Coup in die Geschichte dieser Europameisterschaft eingehen. Bis zu 400.000 Trikots gingen täglich auf die Reise zu ihren neuen Besitzern. Zum Wochenende wird nun das 5.000.000. ausgeliefert – und die Aktion beendet. Trikots können nicht mehr bestellt werden. Die App, wochenlang auf Platz eins der Download-Charts, war am Donnerstag trotzdem immer noch die Nummer zwei im Apple Store.
Die Pointe der Trikot-Geschichte
Das Ziel ist längst erreicht: Stadien, Fanmeilen und Grillpartys sind voll mit dem Fake-Trikot. Kaum ein Fernsehbeitrag über deutsche Fans, in dem nicht mindestens ein weißes Trikot mit der Check24-Werbung durchs Bild huscht. Der Werbe-Europameister steht damit fest. Mit fünf Millionen Trikots hat das Vergleichsportal seine Vorstellungen um das Vierfache übertroffen. Auf eine Million Besteller hatte man gehofft und 1,5 Millionen Shirts produziert.
Um die User nach erfolgter Trikotlieferung nicht gleich wieder zu verlieren, versucht das Unternehmen die Fans bis zum Ende des Turniers mit einem Tippspiel auf seiner App zu halten. Als Preise winken zahlreiche Gutscheine, laut Check24 in Höhe von 24 Millionen Euro. Investitionen, mit denen das Portal vor allem die junge Zielgruppe erschließen will und Kosten bei der kostspieligen Kundenakquise einspart.
Wie teuer die Trikot-Aktion für das Unternehmen ist, kann nur gemutmaßt werden. Der SWR taxierte die Herstellungskosten des offiziellen Adidas-Trikots in einer Recherche auf 11,30 Euro. Die von Check24 bei Puma in Auftrag gegebene und in der Türkei und China gefertigte Eigenkreation dürfte darunter liegen. Zumindest wenn die Versandkosten nicht eingerechnet werden. Auch beim Design konnten die Ausgaben gering gehalten werden. Der Adler auf der Brust wurde von einer KI generiert und offenbar ausreichend genug entfremdet, um nicht in einen Copyright-Streit zu geraten.
Die Pointe aber folgt erst jetzt nach dem eigentlichen Ende. Durch den Produktionsschluss werden gebrauchte Check24-Trikots auf Portalen wie Ebay angeboten. Das Fake-Jersey erzielt dort bereits Kaufpreise von 40 bis 50 Euro, das teuerste liegt schon bei 95 Euro – nur fünf Euro unter dem Preis eines neuen originalen Adidas-Trikots. Dies ist im Moment aber auch kaum noch zu bekommen.