Die australische Regierung und Julian Assange: Die Rückkehr des verlorenen Bürgers


Australiens Premier Anthony
Albanese ist zufrieden: Die Lösung im Fall Assange sei Ergebnis einer
“sorgfältigen, geduldigen und entschlossenen Arbeit, auf die ich sehr stolz
bin”, sagte er nach dessen Freilassung am Mittwoch.

Der WikiLeaks-Gründer Assange landete
am Mittwoch in Australien. Er hatte sich zuvor im Rahmen eines Deals mit der
US-Justiz vor einem US-Gericht auf den Nördlichen Marianen im Pazifik in einem
Anklagepunkt der Beschaffung und Verbreitung vertraulicher Informationen
schuldig bekannt. Dafür wurde er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, die er aber
bereits in Großbritannien verbüßt hat. Darum ist der australische Staatsbürger
Assange nun, nach mehr als einem Jahrzehnt erst im Botschaftsasyl und dann im
Gefängnis, frei.

Tatsächlich hat Australien auf
diese Entwicklung maßgeblich Einfluss genommen: Seit Beginn seiner Amtszeit hat
sich Albanese immer wieder im Hintergrund für Assange eingesetzt. Und kann die
nun gefundene Lösung als Erfolg für sich verbuchen. Das erzielte Ergebnis sei
nach seiner Auffassung von der “überwältigenden Mehrheit der Australier
gewünscht gewesen”, sagte Albanese. 

Das wohl stärkste Statement von
Albanese, sich für die Sache von Assange einsetzen zu wollen, war eine
Personalie: Nachdem er 2022 neuer Regierungschef von Australien geworden war,
schickte er seinen Parteikollegen, den ehemaligen Premierminister Kevin Rudd
als Botschafter in die USA. Rudd gehörte zu der kleinen Zahl führender
australischer Politiker, die sich schon früh für Assange eingesetzt
hatten. Rudd und Albanese begannen in der Folge, sich auch öffentlich für
Assange einzusetzen.

Schon 2010 hatte Rudd, damals
noch australischer Außenminister, insistiert: Die US-Regierung und wer auch
immer die Dokumente weitergab, seien eher für das Informationsleck
verantwortlich als Assange. 2019 schrieb er in einem Brief ans Bring-Julian-Assange-Home-Queensland-Netzwerk, Assange würde einen
“inakzeptablen und unverhältnismäßigen Preis” bezahlen, würde er in die USA
ausgeliefert.

Zuletzt machten Rudd und Albanese
die Situation von Assange, der im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh saß, immer wieder zum Thema bei Reisen
und Gesprächen in den USA. Dass dies fruchtete und es im Hintergrund
Verhandlungen gab, hatte sich bereits abgezeichnet: Im April 2024 signalisierte US-Präsident Joe Biden erstmals vorsichtig Bewegung im Umgang mit Assange:
Auf die Frage von Journalisten, ob man nicht möglicherweise auf eine
Strafverfolgung des Wikileaks-Gründers verzichten wolle, sagte er: “Wir denken darüber
nach.”

Breite Unterstützung aller Parteien

Seit Dienstagfrüh hatte man in
Australien die Ereignisse gespannt verfolgt. Seit dort gegen 9 Uhr am Dienstag
bekannt wurde, dass Assange im Zuge eines Deals mit der US-Justiz freikommen
wird, sich sogar schon auf dem Weg in die Nördlichen Marianen befand,
beobachteten Diplomaten, Menschenrechtsaktivisten und viele Politikerinnen und
Politiker mit Begeisterung oder zumindest vorsichtigem Optimismus.

“Genug ist genug”, sagte Barnaby Joyce, ehemaliger Chef der konservativen National Party of Australia. Er
hatte im vergangenen Jahr auf einer Reise in die USA für die Freilassung des
WikiLeaks-Gründers plädiert. Australische Abgeordnete der Labor-Partei und konservativen
Liberalen stimmten ihm zu – und die Grünen hatten die Free-Assange-Kampagne schon lange unterstützt, ebenso wie der parteilose Andrew
Wilkie. Plötzlich klang
es ein bisschen, als wollten auch alle anderen Parteipolitiker schon immer
irgendwie Julian Assanges beste Freunde gewesen sein.

Das war nicht immer so. Der Fall
Assange streckte sich mit diversen Ermittlungsverfahren, strafrechtlicher
Verfolgung und Haft in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis über mehr als
13 Jahre hinweg. Während eines Großteils dieser Zeit hatten viele führende
Politiker in Australien wenig zur Situation des Wikileaks-Gründers in
Großbritannien zu sagen.

Noch 2022 druckste der damalige
Premierminister Scott Morrison vor den Wahlen auf Assange angesprochen, sagte,
dieser könne gerne zurück nach Australien kommen, wenn denn die Anklagen gegen
ihn fallen gelassen würden. “Das Justizsystem geht seinen Lauf, und wir sind
daran nicht beteiligt”, sagte der Konservative, der seinen Wahlerfolg 2019 vor
allem auf seinen Glauben und Hoffen auf ein Wunder zurückführte. Erst nach
Morrisons Abwahl, als Albanese Premier wurde, 2022 kam mehr Engagement von
australischer Seite für den Fall.



Author: RoteRuhrarmee1920

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