Es gibt keine sicheren Gebiete in der Ukraine, sagt das Auswärtige Amt
CSU-Landesgruppenchef Dobrindt will arbeitslose Ukrainer in ihr Heimatland zurückschicken. Seine Forderung: „Arbeitsaufnahme in Deutschland oder Rückkehr in sichere Gebiete der West-Ukraine.“ Laut Auswärtigem Amt gibt es diese nicht, es bestätigt damit FDP-Politikerin Strack-Zimmermann.
Der Vorstoß von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, arbeitslose Geflüchtete aus der Ukraine in sichere Gebiete in ihrer Heimat zurückzuschicken, stößt im Auswärtigen Amt auf Ablehnung. Russland greife Ziele sowohl in der Ost- als auch der West-Ukraine an, sagte ein Außenamtssprecher am Montag in Berlin. Moskau führe einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die gesamte Ukraine. „Von daher wüsste ich jetzt nicht, wo es einen sicheren Ort in der Ukraine geben sollte.“
Dobrindt hatte der „Bild am Sonntag“ gesagt, mehr als zwei Jahre nach Kriegsbeginn müsse der Grundsatz gelten: „Arbeitsaufnahme in Deutschland oder Rückkehr in sichere Gebiete der West-Ukraine“. Zudem forderte der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag Änderungen bei den staatlichen Hilfen für Geflüchtete aus der Ukraine. Sie müssen kein Asyl beantragen und erhalten damit direkt ein Aufenthaltsrecht und zudem Bürgergeld statt Asylbewerberleistungen. Diese Entscheidung der Bundesregierung zu Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 sei als schnelle Hilfe gedacht gewesen, aber längst zur Arbeitsbremse geworden, sagte Dobrindt. Vertreter der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP kritisierten den Vorstoß und warfen Dobrindt Populismus vor.
Zuvor hatte die ins EU-Parlament gewählte FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann Dobrindts Vorstoß als „bizarr“ zurückgewiesen. „Da sitzen Jungs im Warmen und diskutieren darüber, was in der Ukraine geht und was nicht geht“, sagte Strack-Zimmermann im Deutschlandfunk: „Es gibt keine Ecke mehr in der Ukraine, die sicher ist.“
Strack-Zimmermann plädierte dafür, die Anstrengungen zu verstärken, um Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland in Arbeit zu bringen. Dafür müssten die Kommunen es schaffen, dass die Kinder versorgt sind, um vor allem Frauen zu ermöglichen, arbeiten zu gehen. „Dass genug Arbeit da ist, ist gar keine Frage“, sagte Strack-Zimmermann, die aus dem Bundestag ausscheidet und kürzlich den Vorsitz im Verteidigungsausschuss abgegeben hat.
Auch in der Ampel-Koalition stößt der Vorstoß auf scharfe Ablehnung. Der SPD-Politiker Roth sagte der „Bild“: „Die Union, die in Fragen von Krieg und Frieden gerne auf dem ganz hohen Ross der Moral reitet, muss sich ehrlich machen, wie sie es wirklich mit der Ukraine hält.“ Der FDP-Politiker Herbst bezeichnete den Vorstoß Dobrindts als „typischen CSU-Populismus“. „Eine bestehende Arbeit kann nicht die rechtliche Voraussetzung für Kriegsflüchtlinge sein“, sagte er der Zeitung.
Mehrheit der Geflüchteten sind Frauen und Kinder
Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien sagte der „Bild“-Zeitung unter Anspielung auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin: „Wir dürfen nicht das Lied von Putins Freunden singen und diese geflüchteten Menschen zu einem Problem machen.“ Aufgabe müsse es sein, ihre Teilnahme am Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 sind mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Die Mehrheit der Geflüchteten sind Frauen und Kinder. Nach Angaben der Bundesregierung lebten im März laut Ausländerzentralregister rund 1,3 Millionen Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit in Deutschland.
730.000 der geflüchteten Menschen sind laut Bundesagentur für Arbeit im erwerbsfähigen Alter, das heißt zwischen 15 und 65 Jahre alt, knapp zwei Drittel davon Frauen. Im Februar des laufenden Jahres waren 21 Prozent der Geflüchteten berufstätig: 119.000 hatten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland gefunden und 37.000 einen Minijob.