Auslagerung von Asylverfahren: Scholz dämpft Erwartungen, aber will weiter prüfen



Auslagerung von Asylverfahren

Scholz dämpft Erwartungen, aber will weiter prüfen

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Die unionsgeführten Länder dringen auf Asylverfahren in Drittstaaten, Experten haben Zweifel, dass dies rechtskonform machbar ist. Beim Bund-Länder-Gipfel erreichen die Ministerpräsidenten zumindest, dass weiter geprüft wird. Der Kanzler hält die Erwartungen aber klein.

Die Länder fordern von der Bundesregierung, konkrete Modelle für Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union zu entwickeln. Es gebe bei den Ländern “die klare Erwartung”, dass es bei dem Thema Fortschritte gebe, sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein am Abend nach Beratungen der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz. “Wir werden jetzt nicht bei Gutachten stehen bleiben”, sagte Rhein, der der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) der Länder derzeit vorsteht.

Rhein bezog sich auf ein Gutachten im Auftrag des Bundesinnenministeriums, in dem die Machbarkeit von Asylverfahren in Drittstaaten geprüft werden sollte. Ein Expertengremium kam dabei zu dem Schluss, dass solche Verfahren mit hohen rechtlichen Hürden verbunden sind. Entsprechende Modelle zur Begrenzung irregulärer Migration seien grundsätzlich zwar nicht ausgeschlossen, heißt es in dem Gutachten. Viele Sachverständige hätten sich aber aus rechtlichen und Umsetzungsgründen skeptisch bis ablehnend geäußert.

Scholz sagte dazu nach den Beratungen, man habe den Bericht zur Kenntnis genommen. “Es ist fest vereinbart, dass wir den Prozess fortführen und in diesen Fragen auch weiter berichten werden.” Gleichzeitig betonte er, es verböten sich alle Spekulationen darüber, “was überhaupt geht”.

Weil: Keine Lösung für strukturelle Probleme

Rhein leitete auch aus den Ergebnissen der Europawahl am 9. Juni Handlungsbedarf beim Thema Migration ab. “Die Ergebnisse der Wahl sind alarmierend”, sagte Rhein. Er gehe davon aus, dass die Zahlen bei der irregulären Migration wieder steigen würden. Nationale und EU-Regelungen, die Asylverfahren in Drittländer entgegenstünden, müssten deshalb überprüft werden, forderte der CDU-Politiker im Namen aller 16 Bundesländer. Den Beschluss der Länder, solche Verfahren zu entwickeln, nannte Rhein einen “Meilenstein”.

Niedersachsens sozialdemokratischer Ministerpräsident Stephan Weil dämpfte allerdings die Erwartungen. In dem Gutachten seien “ein ganzer Sack voll Probleme” aufgelistet, die solche Verfahren mit sich brächten und einem solchen Vorgehen entgegenstünden. “Dass das eine Lösung unserer strukturellen Probleme sein wird, das glaube ich nicht”, so Weil.

Bei den Beratungen der 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Scholz stand die irreguläre Migration im Zentrum. In dem Gutachten geprüft wurde das sogenannte Ruanda-Modell nach britischem Vorbild, bei dem das gesamte Asylverfahren in einem Drittstaat durchgeführt wird, sowie das Italien-Albanien-Modell, bei dem EU-Beamte die Verfahren in einem Drittstaat begleiten. Beide Modelle kämen für Deutschland nicht infrage, sagte Scholz. In Italien geht es um Bootsmigranten, beim Ruanda-Modell werden ankommende Asylsuchende ausgeflogen. Bei beiden Ländern sei von 3000 beziehungsweise 6000 Betroffenen die Rede, mit der Größenordnung, die Deutschland bewältigen müsse, habe das “nur ein bisschen was zu tun”, so Scholz. Ein drittes Modell ist das sogenannte Hinweg-Verfahren, bei dem Migranten auch in deutschen Botschaften vor Ort Asylanträge stellen können.

Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan sollen kommen

Weiteres Thema der Runde war die Frage, ob in Deutschland straffällig gewordene Ausländer auch in Staaten wie Afghanistan oder Syrien abgeschoben werden sollen. Scholz hat sich für ein solches Vorgehen ausgesprochen, was er am Donnerstagabend noch einmal bekräftigte. Rhein sagte, die Länder begrüßten diese Position. Auch bei Billigung terroristischer Straftaten sollen die Ausweiseregeln demnach verschärft werden.

Zweifel bestehen bei Experten allerdings darüber, ob die Bundesregierung dazu etwa mit den in Afghanistan regierenden radikal-islamischen Taliban verhandeln soll. Nach Medienberichten berät die Bundesregierung derzeit mit anderen Ländern wie Usbekistan, afghanische Straftäter über diese Route abzuschieben. Aber auch in dieser Frage gibt es erhebliche rechtliche Bedenken.

Bezahlkarte: Nicht mehr als 50 Euro Bargeld im Monat

Bei der geplanten Bezahlkarte für Asylbewerber einigten sich die Länder darauf, die Auszahlung von Bargeld auf 50 Euro pro Monat zu begrenzen. Rhein sprach von einem wichtigen Zeichen. Die Bezahlkarte solle ab dem Sommer an den Start gehen, wenn die Ausschreibung für den Dienstleister beendet sein wird. 14 von 16 Bundesländern hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bezahlkarte geeinigt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege. Bremen und Thüringen schlugen allerdings in einer Protokollerklärung statt monatlich 50 Euro bar einen “Bargeldkorridor von 50 bis 120 Euro” wegen unterschiedlicher regionaler Voraussetzungen vor. Rheinland-Pfalz wandte sich vor diesem Hintergrund gegen “eine starre Festlegung” auf 50 Euro.



Author: RoteRuhrarmee1920

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