Stand: 20.06.2024 23:45 Uhr
Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Bundesländer haben am Donnerstag mit dem Bundeskanzler über die Migrationspolitik verhandelt. Nach eigenen Beratungen fordern sie von der Bundesregierung eine eingehende Prüfung von Asylverfahren in Drittstaaten. Scholz ist skeptisch.
Die Bundesländer machen Druck in der Migrationspolitik. Bei ihrer Konferenz im Vorfeld des Treffens mit dem Kanzler einigten sich die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten auf ein gemeinsames Papier. Darin fordern sie die Bundesregierung auf, als Grundlage für weitere Beratungen “konkrete Modelle zur Durchführung von Asylverfahren in Transit- und Drittstaaten zu entwickeln und dabei insbesondere auch dafür erforderliche Änderungen in der EU-Regulierung sowie im nationalen Asylrecht anzugehen”.
Die Union-geführten Länder befürworten eine solche Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten – also Staaten außerhalb der Europäischen Union -, um die Zahl von Flüchtlingen in Deutschland zu reduzieren. Die SPD-geführten Länder zeigen sich hingegen skeptisch.
Kanzler Scholz: “Wir führen den Prozess fort”
Bei dem Bund-Länder-Treffen wurde dann kein Fortschritt in dieser Frage erzielt. Immerhin: Die Bundesregierung will die Prüfung von Asylverfahren in Ländern außerhalb der Europäischen Union fortsetzen und dazu bis Dezember konkrete Ergebnisse vorlegen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am späten Donnerstagabend: “Es ist fest vereinbart, dass wir den Prozess fortführen und in diesen Fragen auch weiter berichten werden.” Gleichzeitig dämpfte Scholz mögliche Erwartungen.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zu den rechtlichen und praktischen Voraussetzungen für Asylprüfungen in Drittstaaten Stellungnahmen von Experten eingeholt. Zur Frage, welche Möglichkeiten es gibt, sagte Scholz: “Ich glaube, das ist zu früh.”
Niedersachsen: Asylverfahren in Transitstaaten denkbar
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bezweifelt, dass Asylverfahren in Drittstaaten ausgelagert werden können. Beispiele aus anderen Ländern wie Großbritannien hätten keine Lösung gebracht. Auch hätten mehrere Sachverständige bei Anhörungen im Bundesinnenministerium “einen ganzen Sack voller Fragen, Probleme und nötigen Rechtsänderungen” zusammengetragen. Der Großteil der Experten habe daher davon abgeraten, diesen Weg zu gehen.
Eine reine Drittstaaten-Regelung lehnt Weil deshalb ab, zumal: “Drittstaaten sind die Staaten, in die Menschen gebracht werden, auch gegen ihren Willen”, so der Ministerpräsident. Dass das eine Lösung der Probleme sein werde, das glaube er nicht. Anders ist die Lage aus Sicht von Weil, wenn es um Transitstaaten geht, also um Länder, die auf einer Fluchtroute liegen. Weil sagte wörtlich: “Da wo Menschen freiwillig hingehen, da kann auch durchaus ein Asylverfahren stattfinden.”
Bremen: Bovenschulte glaubt nicht an Drittstaaten-Lösung
Das SPD-geführte Bremen hat sich neben Thüringen in einer Protokollerklärung unzufrieden mit den neuen Absprachen der Länder zur Migrationspolitik gezeigt. Die Verlagerung von Asylverfahren in Transit- und Drittstaaten könnten Humanität und Rechtsstaatlichkeit der Verfahren nicht gewährleisten”, heißt es darin. Die Fluchtursachen müssten bekämpft werden, “anstatt Flüchtlinge in andere Staaten zur Asylprüfung zu verbringen”. Es bleibe eine Illusion, “durch eine Schlechterstellung individueller Geflüchteter die Gesamtsituation verbessern zu wollen”.
Bremens SPD-Regierungschef Andreas Bovenschulte hatte bereits vor den Beratungen der Länderchefs im ARD-“Morgenmagazin gesagt, Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU seien nicht geeignet, die Migration einzudämmen. Darüber werde seit Jahren diskutiert, bisher sei das in Europa aber noch nirgends erfolgreich umgesetzt worden.
Bezahlkarte: Maximal 50 Euro an Bargeld-Auszahlung
Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer verständigten sich darauf, dass Flüchtlinge über die Bezahlkarte künftig maximal 50 Euro an Bargeld-Auszahlungen bekommen sollen. Es sei ein “ganz wichtiges Zeichen”, dass die Länder hier einig seien, sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (SPD). Niedersachsens Landeschef Weil begrüßte den Schritt ebenfalls. Das schließe die Diskussion zu dem Thema vielleicht ab, sagte der SPD-Politiker.
14 von 16 Bundesländern hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bezahlkarte geeinigt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege.
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