Arian: Kriminalbiologe erklärt, wie sich die Todesursache ermitteln lässt | Regional


Bremervörde – Mehr als zwei Monate nach seinem Verschwinden wurde es traurige Gewissheit: Der kleine Arian (6) aus Elm (Niedersachsen) ist tot. Ein Landwirt hatte eine Kinderleiche auf einer Weide gefunden, die Polizei bestätigte: Es ist Arian.

Zum Zeitpunkt des Todes und zur Ursache wollen die Ermittler nichts sagen. Nur so viel: Bei der rechtsmedizinischen Untersuchung im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) habe man „keinerlei Anhaltspunkte für strafbare Handlungen“ finden können. Auch einen Unfall schließen die Ermittler aus.

BILD fragte den Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke (53): Lässt sich nach so langer Zeit überhaupt noch feststellen, wann genau Arian zu Tode kam?

Dr. Mark Benecke erklärt, wie sich die Todesursache nach langer Zeit noch nachweisen lässt

Dr. Mark Benecke erklärt, wie sich die Todesursache nach langer Zeit noch nachweisen lässt

Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Das sei möglich, sagt der Experte. Das Alter bestimmter Insekten-Larven gebe den Rechtsmedizinern dabei exakte Hinweise: „Wie eine Stoppuhr“, so Benecke.

Als ähnlich gut sieht Benecke die Chance an, die Todesursache nach zwei Monaten noch zu ermitteln. Ein Verbrechen hätte deutliche Spuren hinterlassen: „Verletzungen wie etwa nach Messerstichen finden sich oft als Scharten an den Knochen, beispielsweise angeritzten Rippen. Schüsse hinterlassen auch viele Spuren, nicht nur Löcher, sondern auch kaputtes Gewebe durch die Ausdehnung von Gasen im Schuss-Kanal.“

Auch weniger auffällige Straftaten wie ein Erdrosseln ließen sich länger nach der Tat noch feststellen: „Bei Druck gegen den Hals kann es zu Einblutungen sowie zu Brüchen am Kehlkopf kommen.“ Diese seien auch Wochen nach der Tat noch zu erkennen: „Der Kehlkopf zersetzt sich nicht so schnell und das tiefe Gewebe ist vor den Bakterien und Insekten ein wenig geschützt. Wenn die Haut noch erhalten ist, gibt es auch dort Verfärbungen, weil sich die Haut durch den Druck verändert.“

Der Fall des vermissten Arian (6) - Infografik

Einen deutlichen Hinweis auf ein Verbrechen gebe auch immer die Kleidung des Opfers: „Ist sie zerrissen? Weist sie Flecken von Blut, Speichel oder Ähnlichem auf?“ So könnten Rechtsmediziner ein Verbrechen relativ schnell ausschließen.

Kein Verbrechen, kein Unfall

Arian aus Niedersachsen war Autist und sehr menschenscheu. Denkbar ist, dass er sich bis zur völligen Erschöpfung versteckte und schließlich verdurstet ist. „Falls der Junge gelernt hat, dass es sehr schlecht ist, Wasser aus der Natur zu trinken, dann könnte er sich an diese Regel viel strenger halten als nicht autistische Kinder“, so Benecke. „Oder er war ganz grundsätzlich verwirrt, da er die Umgebung nicht kannte, was zu einem ,Overload‘, einer Überlastung mit geistigem und körperlichem Zusammenbruch und völligem Rückzug, führen kann.“

Diese Todesursache ließe sich in der Rechtsmedizin oft noch nachweisen, indem der Blasen-Inhalt und die Nieren untersucht werden, so Benecke.



Author: RoteRuhrarmee1920

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