Alice Weidel und Tino Chrupalla wiedergewählt: Bei der AfD fällt die Revolution aus


Überraschung auf dem AfD-Parteitag in Essen: Die Debatte über eine Solo-Parteispitze wird sang- und klanglos abgeblasen. Zudem bekommt AfD-Chef Tino-Chrupalla ein besseres Ergebnis als seine Co-Vorsitzende Alice Weidel. Eine Liebeserklärung sorgt bei den Delegierten für Gelächter.

Vor allem ein Thema stand vor dem AfD-Parteitag in Essen im Mittelpunkt: Würde die AfD die Doppelspitze abschaffen? Es wäre, da waren sich die Beobachter einig, das Ende für AfD-Chef Tino Chrupalla gewesen.

Doch die Revolte fällt aus, das wird schnell klar. Noch in den für AfD-Verhältnisse kurzen Debatten über die Tagesordnung lehnen die Delegierten einen Antrag ab, der gefordert hatte, künftig nur noch auf eine Spitze zu setzen. Die Satzung der Partei lässt eine einfache Spitze zu, möglich ist aber auch eine Doppelspitze. Noch vor der Wiederwahl von Chrupalla und seiner Co-Chefin Alice Weidel entschieden die Delegierten mit deutlicher Mehrheit, weiter auf die Doppelspitze zu setzen.

Anschließend werden Chrupalla und Weidel in getrennten Wahlgängen mit ungewöhnlich guten Wahlergebnissen im Amt bestätigt. Vor zwei Jahren beim Parteitag in Riesa hatte Chrupalla magere 53 Prozent erhalten, Weidel 67 Prozent. Eigentlich gilt ihr Standing in der AfD als besser. Dann die Überraschung: Erst erhält Chrupalla 82,7 Prozent, dann Weidel 79,8 Prozent. Weidel hatte im Vorfeld des Parteitags für die Doppelspitze geworben und für Geschlossenheit geworben. Es wirkte, als habe Weidel ihrem Kollegen so sehr geholfen, dass dieser besser abschnitt als sie selbst.

Keine Gegenkandidaten

Die beiden hatten keine Gegenkandidaten, kein Delegierter machte von der Möglichkeit Gebrauch, Fragen an die Parteivorsitzenden zu richten. Beide schlugen sich auf dem Parteitag gegenseitig vor. “Ich würde gern meinen geschätzten, werten Kollegen Tino Chrupalla vorschlagen”, sagte Weidel.

Chrupalla sagte in seiner Bewerbungsrede: “Diese Partei wird dieses Land verändern, das verspreche ich. Und vor allem die nächsten zwei Jahre, das muss unser Ziel sein.” Mit Blick auf die im September anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg sagte er: “Im Osten muss für uns die Sonne der Regierungsverantwortung aufgehen.” Nötig sei dafür “eine geschlossene Partei”, appellierte er an die Delegierten.

“Alice und ich” hätten die Partei befriedet, sagt Chrupalla. Nach seiner Wahl bedankte er sich für das “sehr überwältigende Ergebnis”. Er habe “in den letzten Jahren viel gearbeitet” und werde nun “noch mehr arbeiten”. Anschließend schlug er Weidel vor: “Ich möchte natürlich auch hier meine geliebte” – an dieser Stelle brach Gelächter aus – “meine geliebte Co-Sprecherin vorschlagen, die beste Co-Sprecherin, die man sich wünschen kann.”

Weidel will AfD professionalisieren

Weidel teilte in ihrer Bewerbungsrede erneut gegen die Ampel aus. Auch sie sprach von ihrem “geliebten Tino Chrupalla”, schaffte es aber, dabei gleichzeitig amüsiert und verächtlich zu wirken.

Die AfD fange “jetzt erst so richtig an, Geschichte zu schreiben”, rief sie. In den vergangenen Jahren habe die AfD eine “Professionalisierung” erlebt, auch der Austausch in der Partei habe sich professionalisiert, dennoch müsse die Kommunikation der Partei “unbedingt besser werden”. “Wir erklären noch zu wenig (…), auch ich, wir müssen besser werden”. Abschließend sprach sie von der AfD als “unsere geliebte Partei”.

In der AfD kursiert schon seit Monaten der Plan des sogenannten Münzenmaier-Netzwerks – das ist ein Zusammenschluss vergleichsweise junger AfD-Politiker um den rheinland-pfälzischen Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier, der die Partei nach dem Vorbild des französischen Rassemblement national professionalisieren, dabei aber ebenso radikal bleiben will wie bisher. Dazu gehört die Schaffung des Postens eines Generalsekretärs. Ein entsprechender Antrag liegt dem Parteitag vor. Weidel hatte das Vorhaben im Vorfeld des Parteitags ausdrücklich unterstützt, da er “zur Professionalisierung der Partei” dazugehöre, wie sie bei ntv sagte. Allerdings soll es das Amt des Generalsekretärs erst ab 2025 geben – und nur auch dann, wenn es eine einfache Parteispitze gibt.

Der Parteitag hatte am Samstagmorgen begonnen. Er endet an diesem Sonntag. Rund um den Tagungsort, die Grugahalle in Essen, finden zahlreiche Proteste gegen die AfD statt.



Author: RoteRuhrarmee1920

Kommentar verfassen